Ein
Nano-Aquarium
einrichten

 

In 9 einfachen Schritten
von der Planung bis
zum Mini-Ökosystem

Die Einfahrphase! Wie viele unterschiedliche Rezepte gibt doch es für das Einfahren eines Aquariums! Fast jeder Aquarienbesitzer hat seine eigene Methode. Hier soll daher kein Patentrezept gegeben werden, sondern das Wichtigste einfach erklärt werden, so dass der Leser selber entscheiden kann, wie er sein Nano-Aquarium einfahren lässt.

Grundsätzlich geht es beim sogenannten „Einfahren“ des Aquariums darum, dass die biologischen Prozesse in einem neu eingerichteten Aquarium sich noch einspielen müssen, damit Stoffe wie abgestorbene Pflanzenteile und die Ausscheidungsprodukte der Fische abgebaut werden. Besonders die Bakterien, die das für Lebewesen giftige Nitrit (NO2) in das viel verträglichere Nitrat (NO3) umwandeln, müssen sich erst etablieren.

Man spricht von einem sogenannten Nitritpeak. Der Nitritwert im Wasser steigt über Tage hinweg langsam an, um schließlich so lange zu sinken, bis kein Nitrit mehr messbar ist. Jetzt habe die Nitrifikationsbakterien ihre Arbeit aufgenommen und wandeln das anfallende Nitrit ausreichend schnell in Nitrat um. Das entstandene Nitrat wird schließlich von den Pflanzen aufgezehrt und durch regelmäßige Wasserwechsel entfernt.

Der Prozess der Umwandlung von biologischen Abfallprodukten zu Nitrat nennt sich Nitrifikation. Es ist ein mehrstufiger Prozess, bei dem verschiedene Bakterienstämme eine Rolle spielen.

Lebewesen wie Fische, Garnelen und Schnecken scheiden überflüssigen Stickstoff als Ammonium (NH4) aus, eine weitgehend ungiftige Substanz. Je nach Säuremillieu (pH-Wert) des Wassers wird Ammunium zu Ammoniak (NH3) umgewandelt. Eine zu hohe Ammoniakkonzentration im Wasser schadet den Lebewesen. Zum Glück werden Ammoniak und Ammonium allerdings durch Nitrosomas-Bakterien zu Nitrit umgewandelt. Das ist aber erst recht giftig für Tiere! Für den nächsten Umwandlungsschritt sind die Nitrobacter-Bakterien verantwortlich, sie machen aus Nitrit das für Pflanzen verwertbare Nitrat, das erst in sehr hohen Konzentrationen für die Aquarienfauna schädlich ist.

Die Nitrifikationskette macht verständlich, warum der Nitritpeak der entscheidende Messwert ist, der ein gelungenes Einfahren des Aquariums anzeigt. Die Nitrobacter-Bakterien sind nämlich die letzte Stufe im Nitrifikationsprozess, die Nitritwerte würden gar nicht erst ansteigen, wenn es nicht schon zu einer Besiedelung mit Nitrosomas-Bakterien gekommen wäre.

Auch, warum Pflanzen so wichtig für das biologische Gleichgewicht im Aquarium sind, wird durch die Nitrifikationskette deutlich. Sie stellen nämlich das letzte Glied im Stickstoffabbauprozess dar, ohne sie würde sich Nitrat endlos anreichern und wäre schließlich in hohen Konzentrationen auch schädlich für die Aquarientiere.

Beim Einfahren geht es also hauptsächlich darum, die im Aquarium gehalten Tiere keinem großen Anstieg des Nitritwertes auszusetzen, denn Nitrit ist Gift für sie.

Oft wird empfohlen, das Aquarium wochenlang ohne Fische laufen zu lassen. Ohne Fische fallen aber kaum organische Abfallprodukte an, die für die Nitrifikationskette verantwortlichen Bakterien siedeln sich nur in geringer Anzahl im Aquarium an. Wenn man schließlich Fische einsetzt, kann es zu einem erneuten Nitritpeak kommen.

Man braucht also organische Abfallprodukte, um die Besiedelung mit Nitrosomas- und Nitrobacter-Bakterien voranzutreiben. Daher empfehlen manche, in der fischlosen Einfahrphase schon geringe Mengen zu füttern.

Eine andere Methode, die beispielsweise von der Biologin Diana Walstad beschrieben wird, ist es, ganz auf eine Einfahrphase ohne Fische zu verzichten. Man kann von Anfang an Fische im Aquarium halten, allerdings sollte man nicht alle Fische auf einmal einsetzen, sondern den Fischbestand langsam erhöhen. So haben die Bakterienstämme Gelegenheit, mit der sich allmählich erhöhenden biologischen Belastung zu wachsen und ein möglicher Anstieg des Nitritwertes sollte so gering ausfallen, dass er für die Tiere unschädlich ist.

In der Praxis sieht das so aus, dass man zuerst robuste, kleine Schnecken in das Aquarium setzt. Turmdeckeschnecken und Blasenschnecken sind für fast jedes Aquarium geeignet. Die einen durchwühlen den Bodengrund, die anderen sind sehr wirkungsvolle Algenvertilger. Beide Arten werden nicht allzu groß und können im Gegensatz beispielsweise Apfelschnecken auch gut im Nano-Aquarium gehalten werden.

Nicht gleich am Anfang Fische einzusetzen, hat auch den Vorteil, dass man noch etwas an der Aquariumeinrichtung ändern kann, ohne die Fische zu stören. Erfahrungsgemäß steht die Einrichtung nämlich nie von Anfang an so, dass man zufrieden ist. Manchmal muss man das fertig eingerichtete Becken ein paar Tage auf sich wirken lassen, um zu sehen, was man gerne ändern würde. Aber auch die Fische müssen sich an die neue Umgebung gewöhnen und sind anfänglich scheu und nervös. Da sollte man sie nicht durch Arbeiten im Wasser unnötig ängstigen. Später, wenn sie sich eingewöhnt haben, reagieren sie entspannter darauf.

Der Anfang ist also mit Schnecken gemacht. Im Abstand von ein bis zwei Wochen kommen dann Garnelen, sofern man welche halten möchte. Sonst die erste Fischgruppe. Noch einmal ein bis zwei Wochen später kann die nächste Gruppe von Fischen einziehen, und so weiter, und so fort, bis der Besatz vollständig ist.

Wichtig ist es, auf ein etwaiges Ansteigen des Nitritwertes in gefährliche Bereiche zu achten. Entweder, in dem man die Werte täglich überprüft, das ist vielleicht die sicherste Methode und ratsam für Menschen mit wenig Aquarien-Erfahrung. Wer allerdings nicht gerade sein erstes Aquarium einrichtet und Gespür dafür hat, was normales Fischverhalten ist, kann auf einen Nitrit-Test auch verzichten. Anzeichen zu hoher Nitritwerte sind relativ einfach erkennbar.

- Die Fische bewegen sich vermehrt in der sauerstoffreichen Zone nahe der Wasseroberfläche und scheinen nach Luft zu schnappen.

- Ihre Atmung beschleunigt sich.

- Sie zeigen Verhaltensauffälligkeiten, wirken verschreckt oder lethargisch, hetzen nervös durch das Wasser.

- Im schlimmsten Fall ist auch schon der ein oder andere Fisch gestorben, ohne dass andere Ursachen erkennbar sind.

Das sind zwar alles Symptome, die so ähnlich auch bei anderen Problemen wie etwa Krankheiten oder Sauerstoffmangel auftreten können. Bei einem neu eingerichteten Becken weisen sie aber mit hoher Wahrscheinlichkeit auf zu hohe Nitritwerte hin.

Bei akuten Anzeichen einer Nitritvergiftung sind Wasserwechsel nötig, um das Nitrit aus dem Aquarium zu bekommen. Und zwar möglichst sofort und in großen Mengen. Da kann schon die Hälfte des Aquarienwassers ausgetauscht werden, im Extremfall sogar fast alles. Und das täglich, so lange, bis die Symptome verschwunden sind. Und am Tag darauf vielleicht noch einmal die Hälfte, nur um sicher zu gehen.

Wenn man so einen Notfallswasserwechsel durchführt, hat man selten genug abgestandenes Wasser vorrätig. Wenn man frisches Leitungswasser verwendet, wird man zwar das Nitrit los, dafür besteht die Gefahr, dass man seine Fische statt dessen mit Chlor vergiftet. Daher ist es unbedingt ratsam, bei einem ungeplanten Wasserwechsel einen Wasseraufbereiter zu verwenden, der das Chlor des Leitungswassers bindet.

Die Besiedlung des Aquariums mit Nitrifikationsbakterien kann man beschleunigen, indem man das Aquarium sozusagen mit Bakterienkulturen animpft. Solche Bakterienkulturen findet man im Mulm und im Filterschlamm von eingefahrenen Becken. Man saugt einfach etwas davon ab und gibt den Schlamm beziehungsweise den Mulm in den Filter oder ein wenig davon auf dem Bodengrund. Eine andere Möglichkeit sind kommerziell erhältliche Bakterienstarter. Die kosten aber Geld und im Zweifelsfall wirken frische Bakterienkulturen aus dem „Echtbetrieb“ eines eingefahrenen Beckens besser.
 

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Eines der besten Bücher für Nano-Einsteiger, randvoll mit nützlichem Wissen und praxisbezogen Infos, hat die Biologin Barbara Klingbell geschrieben.